Smartphone Alkohol apps – Report Schweiz

Fehlende Verbindungen: Selbstbeobachtung im Alltag und Design Merkmale alkoholbezogener Smartphone Applikationen

Eine umfassende Aktualisierung und Bewertung aus interdisziplinärer Sicht des Kommunikationsdesigns

Klingemann, H., Flückiger, M., Bogard T., Büchi, M., Carrara, M.
Berner Fachhochschule / Hochschule der Künste Bern HKB, Forschung

Zusammenfassung

(Einführung) Der vermehrte Einsatz der Mobiltechnologie im Suchtbereich ist vornehmlich auf Datensammlung und Kurzinterventionen ausgerichtet. Es besteht eine Forschungslücke, was autonome Selbstbeobachtung und Selbstkontrolle als Schlüsselelemente von Verhaltensänderungen betrifft.

(Zielsetzung) Das Ziel der vorliegenden Studie ist die Erstellung eines Inventars und die Durchführung einer sowohl Design- als auch Inhalts- bezogenen Qualitätseinschätzung von (zumindest) Alkohol – bezogenen Smartphone Applikationen, welche (zumindest) in einer Landessprache der Schweiz (Deutsch, Italienisch, Französisch) erhältlich sind.

(Methodisches Vorgehen) Unter Einsatz einer Liste Alkohol-bezogener Suchbegriffe konnten in der ersten Phase des Projektes im iTunes Store und bei Google Play n=111 Applikationen identifiziert und nach allgemeinen Kriterien beschrieben werden, d.h. u.a. nach Entwickler, Preis, Icon, Kategorie und Beschreibung im Store. Die Gesamtauswahl umfasste alle Selbstbeobachtungs-Applikationen (n=25), welche den Auswahlkriterien entsprachen und eine Auswahl weiterer Alkohol-bezogener Alkoholapplikationen (u.a. Applikationen zur Bestimmung des Blutalkohols n=45). The beiden Hauptkategorien ‘Gesundheitsförderung’ und ‘Unterhaltung’ wurden in Unterkategorien aufgegliedert. In der zweiten Phase des Projektes wurde sämtliche zu diesem Zeitpunkt erhältlichen Selbstbeobachtungs-Applikationen und ausgewählte Applikationen der übrigen Kategorien herunter geladen und von drei ausgebildeten Beurteilern anhand der ‘Mobile App Rating’ Skala (MARS)’ und der ‘System Usability’ Skala (SUS) bewertet. Eine zusätzlich entwickelte Design-Prüfliste ermöglichte eine vertiefte Zusatzanalyse. Die inhaltliche Prüfliste – welche bei n=13 zugänglichen Selbstbeobachtungs-Applikationen zum Einsatz kam, basierte auf dem theoretischen Selbsthilfe-, Selbstheilungsmodell unter Berücksichtigung der Interaktivitäts-Skala und einer modifizierten Selbsthilfe-Skala.

(Ergebnisse) Alkohol-bezogene Selbstbeobachtungs-Applikationen stellen die Ausnahme dar, sie werden selten angeboten. Lediglich n=17 kamen für eine Skalenbewertung in Frage; Ausfälle gingen teilweise auf die Inkompatibilität mit iOS11 zurück. Die Vorstellung und das Marketing in den Shops fiel häufig unvollständig und irreführend aus (z.B. was die Sprache oder fehlende Anbieterangaben betraf). Die Design-Skalenbewertung zeigt zunächst ein eher positives Bild: Von n=17 Selbstbeobachtungs-Applikationen wiesen lediglich etwa ein Drittel (sechs Fälle) Werte unterhalb des SUS Referenzwertes (x=68) auf während drei deutlich darüber lagen. Mit Ausnahme der Unterskala ‘Funktionalität’ ergaben sich bei allen Applikationen höhere Werte bei der MARS-Skala im Vergleich zu den Referenz-Applikationen von MARS im Gesundheitsbereich. Gleichzeitig machte jedoch die vertiefende Analyse mit Hilfe der Design-Prüfliste auf schwerwiegende Probleme im Bereich der ‘Visualisierung’ hin. In den meisten Fällen scheint eine bessere Design-Qualität auch mit einer besseren inhaltlichen Qualität einher zu gehen, wenn man den Inhaltsgesamtwert heranzieht. Wiederum weist ein Blick auf die Unterkriterien der inhaltlichen Prüfliste schwere Mängel bei der überwiegenden Zahl der Applikationen auf. Um den Zugang zu den Instrumenten und Ergebnissen der Studie zu gewährleisten, wurde ein Webseite entwickelt.

(Schlussfolgerungen) Verbesserung sind auf drei Ebenen notwendig: Erstens, was die Store Informationen und das Marketing anbetrifft; zweitens, eine signifikante Ausweitung des Angebotes an Selbstbeobachtungs-Applikationen, welche sowohl Design-bezogenen als auch Inhalts-bezogenen Qualitätskriterien genügen; drittens vermehrte Anleitung und Unterstützung interessierter, potentieller Nutzer um deren Suche nach Alkohol-bezogenen Applikationen in einem höchst unstabilen digitalen Umfeld erfolgreich zu gestalten.